Enterben der Familie durch eine Stiftung – Was ist zu beachten?

Viele Stifter möchten sicherstellen, dass ihre Zuwendungen an eine Stiftung nach ihrem Tod nicht von  Angehörigen zurückgefordert werden können. Häufig stellen Mäzene sich deswegen die Frage, ob man durch die Einsetzung einer Stiftung als Alleinerbin Pflichtteilsansprüche vermeiden kann. Diese Möglichkeit wurde zunächst von der Rechtsprechung (OLG Dresden) befürwortet, jedoch vom BGH später aufgehoben. Um Ihre Stiftungsidee vor den Pflichtteilsansprüchen der Verwandtschaft zu schützen, bedarf es einer vorausschauenden Planung.

 

Kann der Pflichtteilsanspruch durch eine Stiftungsgrünung umgangen werden?

In der Regel gelingt dies nur, wenn Sie die Stiftung mit Vorlaufzeit gründen. Denn das deutsche Erbrecht sieht vor, dass nahe Angehörige nicht enterbt werden können und zumindest Anspruch auf den Pflichtteil haben. Dis gilt selbst dann, wenn die Stiftung ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt.

 

Gefahr für das Stiftungsvermögen: Was sind Pflichtteilsansprüche?

Pflichtteilsberechtigt sind insbesondere die eigenen Kinder und die Ehegatten, aber unter Umständen auch die Geschwister. Wird eine Stiftung als Erbe eingesetzt, dann kann dieser Personenkreis den Pflichtteil von der Stiftung verlangen. Dies gilt selbst dann, wenn noch zu Lebzeiten des Stifters das gesamte Vermögen an die Stiftung übertragen wurde. Denn in dieser Konstellation tritt an die Stelle des Pflichtteilsanspruch der sogenannte Pflichtteilsergänzungsanspruch.

 

Was ist ein Pflichtteilsergänzungsanspruch?

Vermögensübertragungen zu Lebzeiten des Stifters unterliegen dem Pflichtteilsergänzungsanspruch. Der Zweck der Pflichtteilsergänzung besteht darin, die Untergrabung des Pflichtteilsrechts durch „Verschenken an die Stiftung“ zu Lebzeiten des Erblassers zu verhindern. Ohne den Schutz, den §§ 2325, 2329 BGB bieten, wäre das Pflichtteilsrecht bedeutungslos.

Der Erblasser könnte jederzeit durch Schenkungen den Nachlass und die Ansprüche der Pflichtteilsberechtigten vermindern. Aus diesem Grund wird § 2325 BGB weit ausgelegt, um auch unbenannte Zuwendungen oder Vertragsklauseln abzudecken. Dies gilt auch für Spenden und Zuwendungen an Stiftungen. Somit können enterbte Familienmitglieder mit Pflichtteilsanspruch ihren Ergänzungsanspruch gegen die Stiftung geltend machen.

 

Änderung des Erbrechts zugunsten von Stiftungen

Seit der Reform des Erbrechts wird des Wille des Stifters jedoch stärker berücksichtigt. Früher bot § 2325 Abs.3 BGB nur einen unzureichenden Schutz gegen spätere Ansprüche und Familienmitglieder konnten den Ergänzungsanspruch in voller Höhe bezüglich aller Verfügungen in den letzten zehn Jahren gegen die Stiftung geltend machen. Nach der letzten Erbrechtsreform wurde dieser Paragraf jedoch zugunsten des Stifterwillens geändert.

 

Reduzierte Pflichtteilsergänzungsansprüche zum Schutz der Stiftung

Nach der neuen Rechtslage wird der anzurechnende Anteil des Wertes der Schenkung um 10 % pro Jahr reduziert. So kann zum Beispiel nach acht Jahren seit der Vermögensübertragung nur noch auf 20 % des übertragenen Vermögens zugegriffen werden. Nach zehn Jahren sind alle Ansprüche gegen die Stiftung ausgeschlossen. Damit sind Pflichtteilsergänzungsansprüche der Angehörigen bei einer Vermögensübertragung an eine Stiftung nicht mehr vollständig, aber deutlich reduziert. Somit gilt auch: Wer den Pflichtteilsanspruch der Kinder niedrig halten möchte, muss frühzeitig mit der Stiftungsgründung beginnen.

 

Stiftung als Alleinerbin für Pflichtteilsvermeidung möglich

Der einzige Weg, um Pflichtteilsansprüche zu vermeiden, ist daher der Verzicht auf das Erb- oder Pflichtteilsrecht gemäß den §§ 2346 ff. BGB. Insbesondere für Stifter, die in ihren Lebensjahren weit fortgeschritten sind, kann dies eine Möglichkeit sein, die Stiftung vor Ansprüchen zu schützen.

 

Notarieller Erbvertrag:  Verbindlicher Verzicht auf Pflichtteil möglich

Der sicherste Weg, den Pflichtteilsergänzungsanspruch auszuschließen, ist der Pflichtteilsverzichtsvertrag gemäß § 2352 BGB. Dies erfordert eine notarielle Beurkundung gemäß §§ 2352 i.V.m. § 2349 BGB. Die praktische Durchsetzung ist jedoch nicht immer einfach, da der Verzichtende in der Regel eine Zahlung für seinen Verzicht verlangt. Diese Zahlung steht dann dem potenziellen Stifter für die Stiftung nicht mehr zur Verfügung.

 

Fazit: Stiftung gründen trotz Erben benötigt zeitlichen Vorlauf

Das Pflichtteilsrecht schränkt die Möglichkeit des Stifters ein, sein Vermögen zu Lebzeiten auf Stiftungen zu übertragen. Dies wird durch das Grundgesetz unterstützt, das die Ehe und die Familie schützt und besagt, dass „Eigentum verpflichtet“. Es ist daher problematisch, den Pflichtteilsanspruch und den Pflichtteilsergänzungsanspruch aus verfassungsrechtlicher Sicht auszuschließen oder einzuschränken. Dennoch sollen Stifter möglichst frei über ihr Vermögen verfügen können.

Deswegen bietet § 2325 Abs. 3 1. Hs. BGB eine gute Möglichkeit um Vermögen für sinnstiftende Werte zu erhalten: Wenn seit der Leistung des verschenkten Gegenstands zum Zeitpunkt des Erbfalls 10 Jahre vergangen sind, bleibt die Schenkung bei der Pflichtteilsergänzung unberücksichtigt. Diese Umgehungsmöglichkeit ist jedoch bei älteren Stiftern oft nicht mehr möglich.

Sorgen Sie für den Schutz Ihrer Zuwendungen an eine Stiftung und reduzieren Sie potenzielle Ansprüche mit den neuen Bestimmungen zum Pflichtteilsergänzungsanspruch.